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Meine Werte waren für mich immer wichtiger als meine Angst

von Katharina van Bronswijk

Jonas P.W. Göbel, Vorstandsbeauftragter für Angestellte, im Gespräch mit Katharina van Bronswijk zu ihrem Abschied als Sprecherin des Jungen Forum des bvvp.


Jonas P.W.Göbel: Liebe Katharina, wir unterhalten uns heute Morgen über dein politisches Engagement und eine Zäsur in deinem Leben – die Prüfung ist geschafft, erstmal herzlichen Glückwunsch zur Approbation.


Katharina van Bronswijk: Dankeschön!

JG: Dein Engagement ging in den letzten Jahren ja in zwei Richtungen, einerseits dein Engagement in Richtung Klima und Naturschutz und andererseits die Berufspolitik.
Fangen wir mit der berufspolitischen Seite an: Wir haben ein neues Gesetz zur Ausbildungsreform: Berufspolitisch das Highlight der letzten Jahre, ist das Ergebnis nicht ganz das, was sich viele vorgestellt haben. Auch wenn die Ausbildungsreform zunächst einmal mit dem Gesetz einen Endpunkt erreicht hat; wie viel von den Erwartungen, die du an das Gesetz hattest, sind erfüllt worden? Und welche Nachbesserungen betrachtest du als notwendig mit Blick auf die Musterweiterbildungsordnung?


KvB: Ich bin froh, dass wir eine Reform hatten, dass da auch mal schwarz auf weiß stand und im Bundestag debattiert wurde, wie scheiße (und da gibt es echt kein schöneres Wort) die PiA-Situation ist. Ich glaube, das Approbationsstudium hat einen guten Spagat geschafft zwischen den inhaltlichen vielseitigen Anforderungen und der Praxisnähe; ich hätte Lust, das nochmal zu studieren. Wie gut die Weiterbildung wird, wird sich dann zeigen, aber auch da habe ich großes Vertrauen in unsere KollegInnen in der Berufspolitik, die an der MBWO arbeiten. Der Bundesgesetzgeber hat, unter dem Zeitdruck der Reform, aber auch unter finanziellem Druck, für die Finanzierung der ambulanten Weiterbildung nicht ausreichend Regelungen getroffen. Da bin ich mir nicht sicher, ob das nicht das am Ende nicht für die Weiterbildungskandidat*innen noch schlimmer wird als in der aktuellen Ausbildung. Und das war schon eine große Enttäuschung. Aber das ist natürlich auch ein Ansporn, weiterzumachen. Auch das hat der Gesetzgeber erkannt und da müssen wir einfach dranbleiben.


JG: Die politische Sichtbarkeit von PsychotherapeutInnen hast du vor einigen Tagen auf Twitter thematisiert, angestoßen durch die Nachfrage eines befreundeten Juristen, der sich über „unsere” Un-Sichtbarkeit wunderte.


KvB: Ich habe mich tatsächlich gefragt. Woran liegt das eigentlich, dass Gesundheitspolitik häufig von Fachfremden gemacht wird? Und warum so wenige PsychologInnen tatsächlich in die Politik gehen. Aber was man in der Berufspolitik braucht, und was wir als Berufsgruppe auch haben: einen langen Atem und Frustrationstoleranz! Und ich würde mir manchmal ein bisschen weniger Machtgeklüngel und stattdessen mehr Zusammenarbeit über die Berufsgruppen hinweg wünschen. Ich war noch nie eine Freundin von zu harten Ellbogen. Ich glaube, das ist auch der Grund, warum ich den bvvp als Verband ausgesucht habe, weil wir diesen integrativen Gedanken haben.


JG: Eine Fülle von Abläufen und Projekten sind in den letzten Jahren zu bewältigen gewesen, bei denen man dich antreffen konnte, meist in und um Hamburg, aber immer häufiger auch in Berlin. Dabei waren viele diplomatische und eine Menge kommunikativer Fähigkeiten gefragt. Was ist zentrale Gewinn, den du aus dieser Zeit für dich persönlich mitnimmst? Und was hat dich, mit Blick in deine Biographie, besonders gut auf diese Aufgaben vorbereitet?


KvB: Das ist eine sehr therapeutische Frage (lacht). Ich glaube, ich bin da reingewachsen. Meine Werte waren für mich immer wichtiger als meine Angst und deswegen habe ich mich einfach immer mehr getraut, meine Meinung zu sagen und mich einzusetzen. Meine Aktionserfahrungen bei Greenpeace haben mir sicher geholfen und natürlich das Studium und meine Ausbildung. Genauso wie der kleine Schlenker in die Juristerei.
Der Gewinn für mich persönlich? Das ist tatsächlich, auch auf emotionaler Ebene zu verstehen, dass andere auch nur mit Wasser kochen, gerade PolitikerInnen; und zu verstehen, dass das Menschen sind, die sich genauso für etwas einsetzen, was ihnen wichtig ist. Ich hoffe natürlich, dass ich eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für PiA und PiW erreichen konnte.


JG: Manche Phasen im Leben sind gut – und enden dann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass gesellschaftliches Engagement für dich jetzt mit der Approbation zu einem Ende gekommen ist. Ich gehe vielmehr von dem Gegenteil aus. Verrätst du uns, wie es jetzt für dich weitergeht?


KvB: Beruflich will ich auf jeden Fall erst mal therapeutisch arbeiten. Ich strebe auch eine Niederlassung an, das ist nicht einfach und mal sehen, was ich in der Zwischenzeit mache. Ob ich eine Kostenerstattungspraxis eröffne, in die Anstellung gehe oder eine Dissertation schreibe, da bin ich noch in der Findungsphase.
In der Berufspolitik werde ich die Ausbildungsreform weiterbegleiten. Ich bin ja noch in vielen Netzwerken und an der Berufskammer angebunden, und über das PiA-Politik-Treffen bin ich weiterhin an der Umsetzung der Übergangsregelungen dran.
Aber mir ist es auch wichtig, dass diejenigen, um die es geht, für sich selber sprechen dürfen, deshalb habe ich ja entschieden, den Sprecherposten abzugeben. Ich sehe für das Sprecheramt in erster Linie jemanden, der noch in Ausbildung ist. Und ich freue mich sehr, dass Elli Dallüge Sprecherin geworden ist, die ich für sehr kompetent halte, und ich freue mich, dass wir sie haben.


JG: Die Corona-Zeit hat uns Wissensarbeitern einmal mehr gezeigt, wie viel auch von zu Hause, dezentral und digital, geleistet und erschaffen werden kann, wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt. Welche Technologie siehst Du als Natur- und Menschenschützerin als wichtigen Entwicklungsweg?


KvB: Gerade in der Berufspolitik haben wir auch schon vorher viele Telefonkonferenzen gemacht. Jetzt sind es vor allem Videokonferenzen und ich finde Video besser als Telefon, weil man zumindest Gesichter sieht. Auch ist es oft praktischer als zu reisen. Aber: Für mich ersetzt nichts den direkten Kontakt, weder in der Therapie noch in der Berufspolitik.


JG: Was gibst du deinen NachfolgerInnen weiter und was behältst du für dich zurück?


KvB: Was ich im bvvp erreicht habe und was ich auch mit Stolz weitergeben kann, ist die Gründung und der Aufbau des Jungen Forum im bvvp. Ich glaube, dass das eine total wichtige Instanz ist, nicht nur im Verband, sondern auch in der Berufspolitik, die wir machen nach außen. Diese Struktur gebe ich weiter.
Was ich definitiv nicht weitergebe an meine Nachfolgerin ist meine Vorstellung davon, wie Dinge zu sein haben und die Dinge sind. Es hilft nichts, Denkschemata und Interpretationsweisen von anderen zu übernehmen. Ich habe großes Vertrauen in Elisabeth Dallüge, und die anderen Mitarbeitenden im Jungen Forum, dass sie eine gute Vision davon hat, was das Junge Forum leisten kann.


JG: Danke für diesen Rückblick und Ausblick und Einblick.

Autor*in

Katharina van Bronswijk

Studium der Psychologie in Heidelberg und Berlin. Sie macht ihre Verhaltenstherapieausbildung für Erwachsene und die Fachkunde für Kinder und Jugendliche in Hamburg. Seit 2017 ist sie im bvvp, seit 2015 im Hamburger PiA Netz und dem PiA-Politik-Treffen aktiv.

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