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Berufspolitische Rückschau auf 2021

von Benedikt Waldherr

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

das Jahr 2021 liegt nun fast hinter uns und es ist Zeit zum Nachdenken und Zurückschauen. 2021 endet so, wie kaum einer es erwartet hatte, mit einer neuen und sehr massiven vierten Corona-Welle. Vor einem Jahr dachte man, nächstes Jahr ist Corona vorüber, die Impfungen waren ja gerade erfolgreich zugelassen. Doch Fehlanzeige! Wie die Fachleute vorhergesagt haben, Anfang November kam die Pandemie mit der Verlagerung des Lebens in die Innenräume erneut und in unerwartet dramatischer Weise zurück – diesmal als Pandemie der Ungeimpften, wie man sagt. Aber es war auch nicht erwartet worden, dass die Impfwirkung schneller nachlässt als prophezeit. Das neue Zauberwort heißt nun „Boostern“.

Hinter allen lebenspraktischen und großpolitischen Ereignissen trat 2021 die Berufspolitik notgedrungen etwas in den Hintergrund. Dennoch waren wir keinesfalls untätig. Wir haben im bvvp im Frühjahr und im Herbst (mit einer Nachwahl) den Vorstand für die kommenden zwei Jahre neu gewählt. Es ist uns sogar gelungen, die Delegiertenversammlung im Herbst im Präsenzmodus abzuhalten und uns endlich mal wieder persönlich zu sehen. Im Oktober plante man noch den kommenden 39. Deutschen Psychotherapeutentag im Präsenzmodus, aber dann kam es doch anders. Die geplante, für uns sehr erfreuliche Verleihung des Diotima-Preises der deutschen Psychotherapeutenschaft an unser langjähriges Vorstandsmitglied Jürgen Doebert gemeinsam mit Dieter Best, Ex-Vorstandsmitglied der DPtV, musste schließlich abgesagt und verschoben werden.

So war auch dieses Jahr in der Berufspolitik erneut von einer ständigen Wechselwirkung mit dem Pandemiegeschehen bestimmt. Nach der erfreulich guten Resonanz auf unsere Mitgliederbefragung unter Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut*innen zu Beginn des Jahres 2021 waren wir in der Folge sehr erschüttert über die Ergebnisse dieser Umfrage, die der Kompetenzkreis Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie entwickelt hatte. Deshalb wollten wir im Frühjahr 2021 unbedingt in einer Präsenzveranstaltung auf das große Leid der Kinder unter den Bedingungen der Pandemie hinweisen. Anfang März waren wir dann gezwungen, „Kinder brauchen mehr / Jugend braucht mehr“ als Online-Format zu gestalten. Aber die viele Vorarbeit wurde auch durch die große Resonanz bei Teilnehmern und Presse belohnt.

Die ebenso erfolgreiche Folgeveranstaltung am 09.11.21, die gezielt den wissenschaftlichen Sachstand zur Lage der Kinder und Jugendlichen unter Pandemiebedingungen darstellte, war gerade noch im Präsenz- bzw. Hybrid-Modus möglich. Immerhin waren beide Veranstaltungen von großem Erfolg gekrönt. Die Politik und auch die Medien, z.B. das ZDF „Heute Journal“ haben diese Aktivitäten wahrgenommen, an denen wir vom bvvp im Verbund mit anderen Verbänden (auch im Rahmen des Gesprächskreis II (GK II)) maßgeblich beteiligt waren.

Politisch gesehen hat das Jahr auch einen großen Wechsel mit sich gebracht. Die Wahl im September wurde von einem neuen Parteienbündnis, der sogenannten „Ampel“ aus SPD, Grünen und FDP, gewonnen. Damit wird hoffentlich auch der hektische Stil bei der Gesetzgebung im Gesundheitswesen, der sich zu unserem Leidwesen unter Herrn Spahn in den letzten vier Jahren entwickelt hatte, der Vergangenheit angehören. Wir hoffen auch, dass die neue Regierung mit etwas mehr Bedacht an die Gesetzgebung und die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens herangeht. Wir müssen uns eigentlich erst erholen von den „Wunden“, die diese Spahn‘sche Gesetzgebungswut bei uns allen geschlagen hat. Konsolidierung im Gesetzgebungsbereich täte not.

Für den bvvp war es ein erfolgreiches Jahr, auch, weil wir uns selbst und unsere innere Organisationsstruktur weiterentwickelt haben. Der Prozess des Generationenwechsels, über den wir ja schon mehrfach in unserem Magazin und in anderen Medien berichtet haben, geht kontinuierlich weiter und das in einer für uns alle erfreulichen Form. Der Zuwachs an jungen Mitgliedern im Verband ist deutlich und gleicht den altersbedingten Mitgliederschwund aus.

So sehen wir zurück auf ein Jahr, das – bezogen auf die gesundheitliche Großwetterlage – mit vielen Aufs und Abs einherging. Wechsel und Wandel scheinen das einzig Beständige zu sein. Der bvvp jedoch steht auch weiterhin für den Wandel mit Augenmaß und die maßvolle Weiterentwicklung in der Psychotherapie.

Wir bleiben aktiv und hoch engagiert. Unser Ziel ist es, die Versorgungsstrukturen, auch mit positiv-kritischem Blick auf die Komplexrichtlinie (KSVPsych-RL), sinnvoll auszubauen. Die Politik und der G-BA haben uns ja Anfang September mit der Komplexrichtlinie einiges an neuen Problemen und Herausforderungen beschert. So wie sie aktuell gestaltet ist, wird sie in der Praxis schwer umsetzbar sein, weil sie zu viele von uns Psychotherapeut*innen (Ärztliche und Psychologische Psychotherapeut*innen) einschränken und unsere bisherige Indikationshoheit beschneiden wird. Wir dürfen als ÄP und PP zwar koordinieren und den Gesamtbehandlungsplan erstellen, aber nur sofern wir einen vollen Versorgungsauftrag haben und uns übergeordnete „Assessment“-Ärzt*innen grünes Licht geben. Im Interesse einer am Menschen mit komplexem Versorgungsbedarf orientierten Versorgung muss diese neue Richtlinie aus unserer Sicht noch erheblich angepasst werden, auch wenn die Richtlinie grundsätzlich zu begrüßen ist.

Autor*in

Benedikt Waldherr

Bundesvorstand des bvvp, Psychologischer Psychotherapeut
Seit 1987 niedergelassen als Verhaltenstherapeut in Landshut, seit 1995 in der Berufspolitik engagiert. Seit der Umsetzung des Psychotherapeutengesetz von 1999 verschiedene Funktionen und Aufgaben in den Gremien der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), seit 2003 aktiv in der Landes-Psychotherapeutenkammer Bayern als Mitglied der Bayerischen Delegiertenversammlung und als Delegierter zum Deutschen Psychotherapeutentag.

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