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Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen stärken

von Martin Klett
  • 7. März 2023
  • KJP

Wie die Pandemie die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen beeinflusste, dazu hat das RKI sich fast 40 Studien angeschaut. Das Ergebnis: „Der überwiegende Teil der bis zur zweiten Pandemiewelle durchgeführten Studien zeigte eine relevante Verschlechterung des Wohlbefindens und der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“. Das hielt ein Autorenteam des Robert Koch-Instituts (RKI) in einem Rapid Review fest und stellte fest, Kinder hätten sich als vulnerabler erwiesen.

Ein spannendes Thema. In meiner Praxis kann ich das auch gut beobachten. Nur daraus abzuleiten, dass die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie mehr KJP-Sitze brauche, halte ich für zu kurz gesprungen. Was fehlt, ist ein Konzept, um mit den Belastungen der jungen Menschen in der Folge von Corona angemessen umzugehen. Und die Situation der enorm erhöhten Belastung dieser Generation wird auch noch länger fortbestehen, denn die Kinder und Jugendlichen sind nicht nur durch Corona belastet, sondern auch durch viele andere Faktoren – durch Krieg, durch die Klimakatastrophe, in den unteren sozialen Schichten zunehmend durch weniger finanzielle Mittel, durch auf diesem Hintergrund entstehende Zukunftsängste.

Für viele dieser belasteten jungen Menschen ist zwar dringend Hilfe, aber nicht unbedingt Richtlinien-Psychotherapie angesagt. Ich habe zunehmend Jugendliche, die mit Problemen zu mir kommen, für die ich keine ICD 10-Diagnose habe. Am ehesten handelt es sich den Symptomen nach um eine akute Belastungsreaktion. Dennoch suchen sie bei uns Hilfe, wollen über ihre Sorgen reden. Da diese Sorgen aber sehr real und wenig neurotisch sind, steht da eine Psychotherapie nicht unbedingt im Vordergrund.

Ich möchte zu diesem Phänomen ein paar spontane Einfälle einbringen: Es geht meines Erachtens dabei im weitesten Sinne eher um Seelsorge, verbunden mit Prävention. Ich denke, dass wir KJP beides sehr gut leisten können, auch wenn wir eigentlich keine Prävention als Kassenleistung durchführen dürfen. Vielleicht sollte man mal das Leistungsspektrum in die Richtung überdenken, auch zum Beispiel, ob für einen Teil dieser Menschen, die uns aufsuchen, nicht auch andere Versorgungsformen möglich wären. Nicht jeder der Hilfesuchenden braucht 50 Minuten Therapie, deshalb mache ich dann auch öfter mit ihnen Akuttherapie, wofür dieses Angebot ja eigentlich nicht gedacht ist. Oder wie könnte eine Versorgung aussehen, bei der KJP stärker an Schulen angebunden sind, zum Beispiel an jenen, an denen es keine Schulpsycholog*innen gibt? Im Einzelfall gibt es solche Angebote sogar aufgrund privater oder schulischer Initiativen. Aber müssen derartige Angebote tatsächlich über die GKV finanziert werden?

Autor*in

Martin Klett

Martin Klett arbeitet in Freiburg als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut. Er ist Mitglied im Bundesvorstand des bvvp, Vizepräsident der Landeskammer für PP und KJP Baden-Württemberg, außerdem Baden-Württembergischer Delegierter in der Bundespsychotherapeutenkammer und Mitglied in der Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg.

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