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Ausblick auf das Jahr 2024
- 28. Dezember 2023
- Berufspolitik
- Gesellschaft
- Zukunft
Der Ausblick auf das kommende Jahr verlangt immer auch einen Rückblick auf das endende Jahr und eine Bestandsaufnahme zum aktuellen Zeitpunkt. Diese Bestandsaufnahme gleicht dem Blick, den Therapeut*innen und Patient*innen gemeinsam auf eine Psychotherapie werfen, um Zwischenbilanz zu ziehen, zum Beispiel, wenn es um einen Verlängerungsantrag geht. Dabei wird bewusst, was sich verändert hat und was sich hartnäckig hält, was aus den anfänglichen Zielsetzungen geworden ist und welche neuen Themen und Ziele es gibt. Das ist immer wieder ein spannender Prozess.
Bei meinem Ausblick auf das Jahr 2024 möchte und kann ich keine Prognosen geben zum immer noch anhaltenden Krieg in der Ukraine, zum Krieg zwischen der Hamas und Israel, zur Klimakrise und der zunehmenden Aggression und Radikalisierung in unserer Gesellschaft. Klar ist aber, dass alle diese gesellschaftlichen Ereignisse oder Zustände Auswirkungen haben auf den Bedarf an Psychotherapie und auf die Inhalte psychotherapeutischer Behandlungen. Nicht zu vergessen die immer noch deutlich spürbaren Folgen der Corona-Pandemie, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen.
Was steht nun konkret für die Psychotherapeut*innen und die psychotherapeutische Versorgung an?
Es wird wohl ein recht abgespecktes Versorgungsgesetz geben. Der eigentliche Plan unseres Gesundheitsministers, dass es zwei Gesetze geben sollte, ist inzwischen nicht mehr realistisch. Was in dem einen Versorgungsgesetz dann zur psychotherapeutischen Versorgung zu finden sein wird, das ist im Moment ein großes Rätsel. Was wir aber unbedingt benötigen, ist eine gesetzliche Regelung zur Finanzierung der Weiterbildung der zukünftigen Fachpsychotherapeut*innen. An die Umsetzung der ursprünglichen Vorsätze im Koalitionsvertrag glaubt kaum noch jemand. Wird es tatsächlich noch eine Überarbeitung der Bedarfsplanung geben für strukturschwache Gebiete und im Bereich der Kinder und Jugendlichenpsychotherapie? Gleichzeitig ist es nicht immer das Allerschlechteste, von einem Gesundheitsminister nicht direkt adressiert zu werden. Denn meistens ist noch ein dickes faules Ei dabei, wenn man sich unserer Profession zuwendet, wie die Vorbegutachtung oder die Rasterpsychotherapie.
Anfang 2024 wird die Richtlinie für die datengestützte Qualitätssicherung in der ambulanten Psychotherapie vom Gemeinsamen Bundesausschuss G-BA verabschiedet werden. Im weiteren Jahresverlauf wird es um die Spezifizierung der Datenflüsse und um die Entwicklung eines Tools für die Dateneingabe in den Praxen gehen sowie um die Inhalte der Evaluation in der Modellregion. Bekanntlich soll die Nordrhein-Westfalen werden. Und hier muss es dann zur Abwechslung bitte tatsächlich mal qualitätsgesichert laufen: Nicht das IQTiG sollte das eigene Instrument evaluieren, sondern ein unabhängiges Institut, mit Kriterien, an deren Entwicklung die Profession der Psychotherapeut*innen mitgearbeitet hat!
Es ist ein fast schon als historischer Moment zu bezeichnen, dass die Krankenkassen, die KBV und die Verbände sich gemeinsam für den Erhalt des Antrags- und Genehmigungsverfahrens und damit für den Erhalt der sicheren Kontingente und der Vorab-Wirtschaftlichkeitsprüfung aussprechen. Optimismus und Berufspolitik vertragen sich nicht immer, aber in diesem Fall wage ich die Prognose: Es wird eine entsprechende Gesetzesänderung stattfinden, die neben dem Erhalt des Verfahrens dessen Digitalisierung festlegt. Also eine echte Arbeitserleichterung für die Psychotherapeut*innen. Und es scheint außerdem ein Wunder bevorzustehen: Die Wiedervereinigung der KZT 1 und KZT 2 im Rahmen des Entbürokratisierungsgesetzes des Bundesministeriums für Gesundheit.
Die neue Komplexrichtlinie KSVPsych-RL wird im Herbst 2024 auch für die Versorgung der Kinder und Jugendlichen zur Verfügung stehen, mit deutlichen Abweichungen von der Erwachsenenrichtlinie, die – wen wundert es – nur schleppend in der Versorgung ankommt.
Außerdem sieht es ganz danach aus, dass die Systemische Therapie nun auch für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen als Richtlinienverfahren zugelassen wird.
Zu dem für viele Ärzt*innen extrem belastenden Thema „Sozialversicherungspflicht der Poolärzte“ kann ich keine Prognose wagen. Das Ministerium für Arbeit und Soziales stellt sich auf stur für eine weitere Ausnahmeregelung analog der für die Ärzt*innen im Rettungsdienst.
Und natürlich ist auch bei den Ärzt*innen die Finanzierung der ambulanten Weiterbildung ein wichtiges Thema, zu dem es im neuen Jahr viele Gespräche und hoffentlich auch gute Konzepte geben wird.
Die Überprüfung der „angemessenen Vergütung“ wird im neuen Jahr erstmals jährlich erfolgen. Es wäre deshalb schön, wenn das Bundessozialgericht die diversen Klageverfahren schnell angehen würde und der Bewertungsausschuss damit klare Eckpunkte für die zukünftige Berechnung hätte.
Und last, but not least: die Digitalisierung. Sie bleibt ein Dauerbrenner. Wie schon im letzten Ausblick können wir konstatieren: Hier wird der bvvp die Entwicklungen mit Sorge beobachten und prüfen und sich zu vielen Punkten auch weiterhin kritisch äußern. Es geht schließlich um Überlegungen, zu der wichtigen Frage, wie man mit dem Thema Digitalisierung und Datennutzung in Zukunft umgehen sollte, um die Patient*innen und den therapeutischen Raum bestmöglich zu schützen.
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