Wieso gibt es eigentlich Kassenärztliche Vereinigungen, die KVen?
Der Staat hat die Möglichkeit, eigentlich staatliche Aufgaben, wie die Gesundheitsversorgung, an diejenigen zu übertragen, die dafür zuständig sind. Er hat dann zwar weiterhin die Gesetzgebungsfunktion und die rechtliche Aufsicht, aber doch die konkrete Umsetzung und Ausgestaltung muss nicht mehr von seinen Organen geleistet werden.
Den KVen wurde vom Staat die Aufgabe übertragen, in Selbstverwaltung zusammen mit den gesetzlichen Krankenkassen die ambulante Versorgung der gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten zu organisieren.
Sie sind damit die Organe der Selbstverwaltung auf Seiten der Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen, die zusammen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung KBV diese flächendeckende ambulante ärztliche und psychotherapeutische Versorgung garantieren Damit erfüllen sie den sogenannten Sicherstellungsauftrag.
Kassenärztliche Vereinigungen sind sogenannte Körperschaften des öffentlichen Rechts, das bedeutet, sie sind: „mitgliedschaftlich verfasste juristische Personen des öffentlichen Rechts, die Rechtssubjekte kraft Hoheitsakt sind und öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Aufgabenbereiche werden ihnen durch Gesetz oder Satzung zugewiesen.“ (Wikipedia)
Alle in der vertragsärztlichen ambulanten Versorgung tätigen Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen sind Mitglieder der KVen, egal ob sie Praxisinhaber*innen, Jobsharing-Partner*innen oder Angestellte sind – dies, wenn sie in einem Umfang von mindestens zehn Stunden pro Woche beschäftigt sind.
Die Kassenärzt*innen haben sich bereits in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts durch die Gründung der KVen gegen die anfängliche Übermacht der Krankenkassen mehr Rechte erkämpft. Dazu gehört das Recht auf Selbstverwaltung, der Abschluss von Kollektivverträgen, das Aushandeln von Honorarvereinbarungen oder Zulassungsbestimmungen. Andererseits übernahmen sie damit auch Pflichten, vor allem den sogenannten „Sicherstellungsauftrag“ . Im Gegenzug mussten sie auf das Streikrecht verzichten.
Es muss also nicht jeder Einzelne mit den Kassen verhandeln und Verträge abschließen, sondern das übernehmen für Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen im GKV-System die KVen und auf Bundesebene die KBV.
Neben dem Sicherstellungsauftrag und den Honorarverhandlungen und -verteilungen an ihre Mitglieder sind die KVen verantwortlich für die Sicherung der Qualität der Arbeit aller zugelassenen Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen.
Die KVen sind damit einerseits für die Niedergelassenen ein starker Verhandlungspartner, sie vertreten deren Interessen gegenüber der Politik und den Kassen und beraten ihre Mitglieder in allen Fragen der Niederlassung. Andererseits sind sie verpflichtet, gesetzlichen Vorgaben und Normen in der vertragsärztlichen Versorgung umzusetzen und auch zu kontrollieren. Dies führt manchmal zu Spannungen, denn nicht immer sind gesetzliche Vorgaben für die Versorgung wirklich sinnvoll. Bestes Beispiel dafür ist die Gesetzgebung des letzten Gesundheitsministers mit seinem Digitalisierungseifer. Nichtsdestotrotz sind die KVen notwendig, damit gute Rahmenbedingungen und angemessenen Vergütungsstrukturen erhalten oder immer aufs Neue ausgehandelt werden. Die einzelnen Niedergelassenen hätten viel zu wenig Einfluss und wären bei der Vertretung ihrer Interessen im Dschungel des Gesundheitswesens verloren.
Die Vertreter*innen der Psychotherapeut*innen setzen sich innerhalb der Selbstverwaltung für die ihrer Kolleginnen und Kollegen in der Niederlassung ein. Sie engagieren sich für gute Honorare, aber auch für die Berücksichtigung der spezifisch anderen Arbeitsweise in psychotherapeutischen Praxen bei Entscheidungen. Keine somatische Praxis behandelt mit ausschließlich zeitgebundenen und persönlich zu erbringenden Leistungen, und Fallzahlen um die 50 sind für die meisten somatischen Arztpraxen schlichtweg unvorstellbar. Selbstverständlich kann man sich nur im Rahmen der KV-Regeln und der gesetzlichen Vorschriften für eigene Interessen stark machen. Außerdem müssen alle Beschlüsse mit Mehrheit gefasst werden, man muss also nicht nur den KV-Vorstand, sondern auch die somatischen Ärzt*innen in den Vertreterversammlungen von seinem Anliegen überzeugen können.